Der im Vergewaltigungsprozess von Avignon zur Höchststrafe von 20 Jahren Haft verurteilte Hauptangeklagte Dominique Pelicot hat das Strafmaß akzeptiert und verzichtet auf eine Berufung. Der Ehemann der jahrelang vergewaltigten Gisèle Pelicot habe das Urteil nach Ablauf der zehntägigen Frist nicht angefochten, erklärte der Generalstaatsanwalt des Berufungsgerichtes in Nîmes, Xavier Bonhomme, am Montag. 17 von Pelicots insgesamt 50 Mitangeklagten wollen ihre Urteile hingegen nicht akzeptieren.
Sie legten nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Berufung ein. Der Berufungsprozess der 17 Männer ist demnach für Ende 2025 angesetzt.
Zuvor hatte bereits die Anwältin des Hauptangeklagten, Béatrice Zavarro, der Nachrichtenagentur AFP mitgeteilt, Dominique Pelicot habe sich entschieden, „keine Berufung gegen das Urteil einzulegen“. Eine Berufung würde das Opfer Gisèle Pelicot zu „neuen Auseinandersetzungen zwingen, was Dominique Pelicot ablehnt“, fügte Zavarro hinzu.
Für ihren Mandanten sei es an der Zeit, „die Sache juristisch abzuschließen“. Anstatt mit einer Berufung das „unnötige Risiko“ einer möglicherweise höheren Strafe einzugehen, sei es besser, „sich um Dominique Pelicot, seinen Gesundheitszustand und sein Alter zu kümmern“, betonte Zavarro.
Der 72-jährige Pelicot hatte seine damalige Frau Gisèle nach Überzeugung des Gerichts fast zehn Jahre lang immer wieder mit Medikamenten betäubt, vergewaltigt und in Internetforen auch anderen Männern zur Vergewaltigung angeboten. Am 19. Dezember hatten ihn die Richter der schweren Vergewaltigung für schuldig befunden und die Höchststrafe von 20 Jahren Haft verhängt. Neben Pelicot waren in dem Prozess 50 Mitangeklagte ebenfalls schuldig gesprochen und zu Haftstrafen zwischen drei und 15 Jahren verurteilt worden.
Laut seiner Anwältin ist der Hauptangeklagte überrascht über die Berufung einiger seiner Mitangeklagten – vor allem bei denen, die sich im Prozess bei dem Opfer entschuldigt hatten. „Es scheint mir, dass die Einlegung eines Rechtsmittels diesen Worten widerspricht“, betonte Zavarro.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat bisher noch nicht mitgeteilt, ob sie gegen die Urteile in Berufung gehen wird. Anders als die Angeklagten, deren Frist für das Einlegen von Rechtsmitteln am Montag auslief, hat sie weitere fünf Tage dafür Zeit.
Die Anwälte von Gisèle Pelicot hatten nach den Schuldsprüchen erklärt, ihre Mandantin habe keine Angst vor einem neuen Prozess: „Sollte es dazu kommen, hat sie uns bereits zu verstehen gegeben, dass sie sich dem stellen würde – natürlich nur, wenn sie gesund ist, denn sie ist eine Dame von 72 Jahren“, sagte Stéphane Babonneau dem Radiosender France Inter.
Wegen ihres Muts und der großen Medienaufmerksamkeit für den Prozess im südfranzösischen Avignon ist Gisèle Pelicot zu einer internationalen Ikone für Frauenrechte geworden. Die 72-Jährige hatte sich für ein öffentliches Verfahren eingesetzt, „damit die Scham die Seite wechselt“. Nach der Urteilsverkündung widmete sie ihren Kampf allen „unbekannten Opfern“ sexualisierter Gewalt. Über die Urteilsverkündung am 19. Dezember hatten insgesamt 180 Medien berichtet, darunter 86 aus Ländern außerhalb von Frankreich.